Freie Trauung durch Freunde

Freie Trauung durch Freunde, geht das? Kann man sich wirklich von Freunden trauen lassen? Darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Ja, im Rahmen einer Freien Zeremonie kann man auch Lieblingsmenschen zu Traurednern machen. Zwar bieten wir die Ausbildung zum Freien Redner / zur Freien Rednerin an, sie ist aber nicht Zugangsvoraussetzung für diesen Beruf. Und so hält diese Art und Weise der Zeremoniegestaltung wie alles, was aus den USA irgendwann über den Ozean schwappt, ein wenig auch hierzulande Einzug. Zum einen bekommen wir im RedeKunstWerk bisweilen die Anfrage für ein einmaliges Mini-Coaching, weil jemandem diese Ehre zuteilwerden soll, er oder sie sich aber überfordert fühlt. Zum anderen kommen TeilnehmerInnen zu uns, die den Auftrag aus dem Freundeskreis erhalten haben und sich schon im Vorfeld so sehr für die Tätigkeit begeistern können, dass sie es dann auch direkt beim ersten Mal vernünftig machen wollen – gerade, WEIL es sich bei diesem ersten Einsatz um gute Freunde handelt.

Das ist natürlich aus unserer Sicht der richtige Ansatz, wenn ein längeres RednerInnen-Dasein angestrebt wird. Egal, ob in der Nebenberuflichkeit oder nicht, ein fundiertes Wissen und Kenntnisse davon, was man da tut, halten wir für ziemlich wichtig. Und das ist auch genau der Punkt, den Brautpaare in Betracht ziehen sollten:
Auf der einen Seite bürden sie einer nahestehenden Person ganz schön viel an Verantwortung auf, auch große Einsatzbereitschaft – eine gute Freie Trauung braucht um die 20 Stunden an Vorbereitung und Durchführung. Denn es geht nicht nur um ein bisschen Rede, womöglich die noch aus dem Ärmel, die eine oder andere Überraschung während der Zeremonie und das Ja-Wort. Es geht darum, eine Paar-Persönlichkeit herauszuarbeiten, Gefühle zu reflektieren, in die Beziehung auch als ZuhörerIn einzutauchen, um zu verstehen. Das idealerweise mit sehr schönen Worten. Eine Zeremonie-Gestaltung ist etwas ganz Anderes als eine Tischrede und auch als das Schildern persönlicher Eindrücke durch Lebensbegleiter. Auch wenn sie die beiden Hauptpersonen lange und gut kennen, die Geschichte in Teilen miterlebt haben, so sind sie doch Außenstehende. Eine Liebe schildern können nur Braut und Bräutigam selbst. Auf jeden Fall sollte darauf geachtet werden, in einem Traugespräch der durchführenden Person alles mitzugeben, was sie für gehaltvolle Zeremonie-Inhalte benötigt. Allein ein ausführliches Vorbereitungsgespräch benötigt etwa 3 Stunden Zeit und Ruhe und die richtigen Fragen.
Auf der anderen Seite gibt es Unmengen an organisatorischen Dingen, Abstimmungen und einiges an sinnvollen Abläufen zu beachten, damit alles rund läuft und letztendlich die Erwartungen des Brautpaars und auch die der Gäste erfüllt werden. Deshalb sollte die Frage eher lauten: Freie Trauung durch Freunde – SOLLTE man darüber nachdenken?

Für entspannte Paare, die gar nicht so viel wert legen auf korrekte Abläufe und auf eine bis ins Letzte durchdachte Rede, kommt es auf jeden Fall in Frage, Freunde oder auch Familienangehörige mit der RednerInnen-Aufgabe zu betrauen. Es ist durchaus ein nachvollziehbarer Wunsch für den Tag der Trauung, das Besondere in der Emotionalität zu sehen und in der Mühe, die sich der oder die ZeremonieleiterInnen machen. Zu beachten ist dann wiederum:

  • Fühlt die Person – oder vielleicht sind es tatsächlich mehrere – sich wirklich wohl in der Rolle und mit der sicher trotzdem erheblichen Erwartungshaltung?
  • Wie gut können sie zusammenarbeiten, wenn es eine gemischte Truppe ist, die sich vielleicht untereinander gar nicht so gut kennt? Wir kennen das ja aus Teams, dass es für gewöhnlich eine Leitung gibt, die gern den Weg vorgibt. Können alle anderen sich damit identifizieren?
  • Wie gut kennt er/sie oder kennt das Team BEIDE Partner, die verheiratet werden möchten? Können beide gleichermaßen in der Zeremonie stattfinden und – noch wichtiger – sich wiederfinden?
  • Sind die Zeremonieleitenden sich der Verantwortung wirklich bewusst, dass dieser Tag niemals zu wiederholen ist?
  • Können sie ihre eigenen Emotionen einschätzen, die da hochkommen, wenn sie vor zwei geliebten Menschen stehen, um sie zu vermählen? Aus unserer Erfahrung heraus haben die meisten Angehörigen und engsten Freunde ordentlich Respekt selbst vor einem kleinen eigenen Wortbeitrag. Denn in dieser hoch emotionalen Situation kann das Wort durchaus mal stecken bleiben, dafür laufen dann aber plötzlich mehr Tränen als erwartet. Es ist etwas ganz Anderes, im beruflichen Kontext große Präsentationen abzuhalten, als vor einem Brautpaar zu sprechen, das sehr nahesteht.
  • Und nicht zuletzt: Haben sie wirklich die Zeit und Einsatzbereitschaft, damit es eine zumindest so lange und unterhaltsame Zeremonie wird, dass die Gäste sich mitgerissen fühlen und die Aufbauarbeiten sich lohnen?

Ihr merkt vielleicht: Wir sind nicht so richtig überzeugt von der Freie Trauung durch Freunde-Variante. Das müssen und können wir auch nicht, weil wir aus tiefster Überzeugung diese Ausbildung sogar mit IHK-Zertifikat anbieten. Freier Redner ist ein richtiger Beruf. Eine gut ausgebildete Person, die ihr Handwerk versteht, wird jedem Brautpaar etwas unfassbar Wertvolles mit in die Ehe geben am Tag der Hochzeit.
Und ist es nicht wirklich schöner, die wichtigsten Personen gar nicht so zu fordern und stattdessen mit der gebuchten Traurednerin oder dem Freien Redner in Kontakt zu bringen, damit sie auf professionelle Weise und trotzdem nicht weniger emotional eingebunden werden? Das JA-Wort können sie zum Beispiel trotzdem abnehmen, wenn das der Wunsch ist. Wir HochzeitsrednerInnen sind nämlich alle sehr flexibel, für alle Wünsche offen, und wir freuen uns mit, wenn die Lieblingsmenschen ein wichtiger Bestandteil der Trauung sind, denn genau das sollte immer auch unser Ansatz sein.

Foto: Marie Hense

Picture of Anja Kellersmann

Anja Kellersmann

Anja hat ihre Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht und ist Freie Rednerin seit 2012. Sie begleitet Trauungen wie auch Kinderwillkommensfeste und führt pro Jahr 40 Zeremonien durch.
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Anja hat ihre Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht und ist Freie Rednerin seit 2012. Sie begleitet Trauungen wie auch Kinderwillkommensfeste und führt pro Jahr 40 Zeremonien durch.

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