Stimme

Tatsächlich hat auch die Stimme in jedem Jahr einen bestimmten Ehrentag: Der 16. April ist der offizielle World Voice Day (WVD).  Bei uns Freien Redner/innen sieht das natürlich ganz anders aus – wir feiern die Stimme ständig! Zum Beispiel die von Sänger/innen, die uns bei unseren Trauzeremonien begleiten – egal, ob sie das live tun als Hochzeitssänger/in, oder ob sie damit so berühmt geworden sind, dass wir sie „vom Band“ hören.

Ich feiere auch die Stimmen von Synchronsprechern, was sicher berufsbedingt ist. Wir haben natürlich ein besonderes Gehör für schöne oder auch interessante Stimmlagen. Da gehört auch die Betonung dazu, Höhen und Tiefen, Schnelligkeit des Sprechens, Dialekt oder Akzent, … all das macht für uns das Angenehme oder auch Unangenehme einer Stimme aus. Manche sind so prägnant, dass man sie sofort wiedererkennt und einem oder mehreren bestimmten Schauspielern zuordnet. Michael Douglas hat für mich so eine spezielle Synchron-Stimme, die in meinen Ohren allerdings eher interessant als wohlklingend ist. Ich persönlich höre gern der deutschen Stimme von Edward Norton zu, die übrigens auch Bob Andrews von den drei Fragezeichen gehört. Und ich mag die Stimme von Cameron Diaz und Gwyneth Paltrow, so dass ich etwas unglücklich bin, dass die beiden Damen nicht mehr drehen. Deren Stimme von Katrin Fröhlich ist allerdings so beliebt, dass sie diese noch vielen weiteren Superstars leiht. Sie hat eine Stimme, die ich tatsächlich als berühmt bezeichnen würde, ohne dass jemand das wahre Gesicht dahinter kennt.

Immer mehr Unterhaltungs-Shows arbeiten mit dem Prinzip der reinen stimmlichen Wahrnehmung. Die Casting-Sendung „The Voice“ ist damit international seit Jahren erfolgreich in mehreren Altersgruppen. Offenbar gefällt vielen Menschen der Gedanke, allein mit der Stimme zu beeindrucken.

Oft feiere ich auch die Stimme von Menschen, die mir begegnen. Nicht erst einmal habe ich eine wunderschöne Frauenstimme dazu gebracht, diese als Freie Rednerin einzusetzen. Es ist für mich auch wahnsinnig spannend, wenn ich die Stimme einer RedeKunstWerk-Interessentin zum ersten Mal hören darf. Ich kann bestätigen: Für gewöhnlich eignet sie sich hervorragend für den Beruf. Spätestens, wenn Benjamin, unser Stimmtrainer, sie in unserem Lehrgang geschliffen hat, ist sie perfekt.

Grundsätzlich ist es allerdings mit der Stimme wie mit allem Anderen auch: Sie ist Geschmackssache. Für eine Freie Trauung ist es deshalb extrem wichtig, dass sowohl Braut wie auch Bräutigam der Person gerne zuhören, die da vor ihnen steht und ihre Geschichte vorträgt. Dabei geht es nicht nur um den Wohlklang, sondern auch um den Vortragsstil, das Einsetzen von Pausen und weitere Dinge, die darauf ihren Einfluss haben. Es können auch regionale Färbungen beim Sprechen eine Rolle spielen, sogar eine ganz große. Die zwei, die sich in Hamburg auf einer Barkasse trauen lassen, freuen sich über ein Moin, Moin als Begrüßung und den breiten norddeutschen Slang. Für die zwei wäre die zugezogene Münchnerin vermutlich nicht geeignet als Rednerin – es sei denn, sie stammen selbst aus Bayern, dann wiederum wäre sie die erste Wahl.
Viele dieser stimmlichen Einflüsse wirken allerdings unbewusst. Ob wir unseren potenziellen Kunden gefallen oder nicht, das können wir deshalb selbst nur bedingt beeinflussen. Was wir aber tun können und SOLLTEN: Grobe Fehler ausmerzen. Wir müssen uns nicht artikulieren wie ein Nachrichtensprecher, das würde auf unsere Authentizität auch wiederum negativ einzahlen. Dennoch müssen wir nicht ganze Silben verschlucken oder vernuscheln. Wir müssen nicht immer den zweiten Teil eines Satzes pressen, weil uns die Luft ausgeht. Wir müssen dafür auch nicht ständig an unpassenden Stellen schnell tief einatmen. Wir müssen wissen, was unsere Stimme so sehr belastet, dass sie heiser klingen könnte. Und wir müssen uns einfach eingestehen, wenn wir zu wenig Volumen haben, um mit Nebengeräuschen vor 100 Personen 45 Minuten lang ohne Mikro durchzuhalten. All diese Dinge können wir lernen. Wir müssen uns dazu nur sehr intensiv mit unserer Stimme befassen.

Unsere eigene Stimme feiern wir natürlich deutlich seltener als die von Kolleg/innen – wer hört sich schon gern selbst reden? Auch wenn wir uns in unserem Beruf sehr daran gewöhnt haben, so wirkt die eigene Stimme doch immer ein bisschen fremd, und das macht uns unsicher. Umso wichtiger ist es, dass hin und wieder ein begeisterter Zuhörer nach einer Zeremonie zu uns kommt und voller Begeisterung genau diese uns fremde Stimme in den höchsten Tönen lobt (die in dem Fall natürlich mehr als angenehm sind). Und noch schöner ist es, wenn das die anderen Teilnehmer der Ausbildung für Freie Redner tun und uns damit ganz viel Sicherheit geben.

Picture of Anja Kellersmann

Anja Kellersmann

Anja hat ihre Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht und ist Freie Rednerin seit 2012. Sie begleitet Trauungen wie auch Kinderwillkommensfeste und führt pro Jahr 40 Zeremonien durch.
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Anja Kellersmann

Anja hat ihre Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht und ist Freie Rednerin seit 2012. Sie begleitet Trauungen wie auch Kinderwillkommensfeste und führt pro Jahr 40 Zeremonien durch.

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